Martina Lippitz ist eine der wenigen Obstbäuerinnen der Region, die ihren Betrieb im Vollerwerb führt. Mit großem Einsatz und ebensolchem Erfolg. Denn die Säfte und Weine schmecken den Gästen im Buschenschank wie internationalen Jurys.
Etwa vier Kilometer vom Stift St. Paul entfernt liegt der Buschenschank von Martina Lippitz. Der Weg dorthin führt durchs Schwarzviertel, wo früher einmal das berühmte schwarze Tongeschirr hergestellt wurde, vorbei am idyllischen Dorf St. Martin, den weit ausgedehnten Feldern und Streuobstwiesen. Die Tunnelkette Granitztal und die Koralmbahn lässt man links liegen und folgt dafür wenige Meter später dem Schild, das den schmalen Weg hinauf nach Kollnitzgreuth anzeigt. Wer kurz darauf die Obstgärten erreicht, ist richtig abgebogen und wird gleich beim Buschenschank landen. Wer sich verirrt hat, fragt nach dem Hof vulgo Oberländer. Oder besser nach Martina. Die kennen alle in der Umgebung.
Mit 27 Jahren übernahm die resolute junge Frau den Hof von ihren Eltern. Den Obstbau und den urigen Buschenschank, wo sortenreine Apfelsäfte, Apfel-, Birn- und – wie früher im Tal – auch Mischmost aus Äpfel und Birnen ausgeschenkt werden. Dazu gibt es eine zünftige Kärntner Brettljause. Und wer noch immer nicht satt ist, sollte unbedingt einen von Mutter Lippitz’ Krapfen bestellen.
„Wir sind ein Generationenbetrieb, denn allein wäre das alles nicht machbar“, sagt Martina Lippitz, die sich die Arbeit mit ihren Eltern teilt. „Mein Vater macht das Fleisch, meine Mutter die Mehlspeisen, gemeinsam backen sie das Brot. Meine Aufgaben sind der Obst- und Weinbau, die Verarbeitung und die Kellerwirtschaft. Aber im Grunde greifen wir alle z’samm“, sagt sie. Auch neben der Arbeitsteilung spielt das Familienerbe eine bedeutende Rolle, meint die Bäuerin. „Wir denken in längeren Zeitspannen. Manches, was meine Großeltern und Eltern gepflanzt haben, kann ich jetzt ernten.“ Und wenn der Hagel die Ernte binnen Minuten zunichte macht, spendet die Gewissheit, dass Planung und Arbeit am Bauernhof stets in längeren Zyklen zu sehen sind, auch ein wenig Trost.
Lippitz ist eine der wenigen Lavanttaler Vollerwerbsbäuerinnen, die vom Obstbau leben. Auch, wenn hier viel Obst wächst, ist die Situation ganz anders als beispielsweise in der Oststeiermark, erzählt sie bei der Wanderung zwischen den Baumreihen, wo Jonagold, Lavanttaler Bananenapfel und weiter unten auch Weißweinsorten reifen.
Das Netzwerk Gleichgesinnter hier in der Umgebung ist überschaubar, was Vorteile hat, weil die Arbeit am Hof ohnehin nicht viel Zeit lässt, erzählt sie. Aber Innovation braucht Austausch. Und so bringt sich die Lavanttalerin bei den Plattformen des Kärntner Weins und Verkostungen von Obstprodukten in ganz Österreich ein.
Martina Lippitz hat offensichtlich einen sensiblen Gaumen und ein besonderes Näschen für feine Tropfen. Das beweist sie nicht nur als Jurorin, sondern auch als Preisträgerin zahlreicher Auszeichnungen in Gold und Silber. Auf Facebook und Instagram lässt sie Friends und Followers mit schöner Regelmäßigkeit an den Erfolgen teilhaben. Vor allem für ihre Jonagold-Apfel-Säfte mit und ohne Alkohol ist Lippitz mittlerweile weltweit bekannt.
Nomen est omen. Der Most erhielt den „Cider World Award“ und der reinsortige Apfelsaft wurde mehrfach mit Gold ausgezeichnet. Die Granitztalerin hat Erfolg, obwohl oder gerade weil sie eigene Wege geht. Ob sie mit Hut erscheint, als „Mostyrium“ auf Instagram postet, Lesungen und Konzerte im Obstgarten organisiert oder Experimente wie den Quittensirup wagt.
So gesehen überrascht wenig, dass die Weißweine der Klosterneuburger Absolventin Ecken und Kanten haben. „Kraftvolle, fruchtbetonte, jahrgangsunabhängige Weine“, wie sie selbst sagt. „Ich bin kein Winemaker, ich bin eine Weinbäuerin.“ Auch beim Schaumwein, den Martina Lippitz gemeinsam mit der zweiten St. Pauler Winzerin Sabine David 2019 auf den Markt gebracht hat, spiegelt sich das Jahr im Weingarten. Der Muskatel Ottonel kommt von den Hängen in Kollnitzgreuth, die Muskatellertrauben vom Josefsberg. Wie viel von jeder Sorte in den „VIN2 de Femme“ kommt, machen die Weinbäuerinnen von der Erntemenge und der Traubenqualität abhängig. Produziert wird nach der klassischen Champagnermethode: Nach der ersten Gärung wird der Grundwein mit Hefe versetzt und gärt in der Flasche ein zweites Mal. Eine andere Erklärung für den Zweier im Namen des Sekts sind die zwei Winzerinnen selbst. Nach dem Gärprozess darf der Sekt noch 18 Monate auf der Hefe reifen, und damit sich die Hefe absetzt, werden die Flaschen nach der Reifung händisch gerüttelt.
Nach mehr als zweieinhalb Jahren ist er dann fertig. Trocken, muskat-lastig, ideal als Aperitif und Speisenbegleiter zu leichten Lavanttaler Gerichten. Das ist nicht das einzig Gute an dem Projekt von Martina Lippitz und Sabine David. Einige Flaschen des „VIN2 de Femme“ spenden die Winzerinnen einem Projekt österreichischer Weinbäuerinnen, das karitativen Zwecken zugutekommt.
Fotos: Lippitz I Ramona Steiner