Im Lavanttal wird gerne gekocht, noch lieber verkostet und viel übers Essen und Trinken geredet.
Essen verbindet eben. Das gilt auch für die Provence, Mexiko, Russland oder Timbuktu und war vermutlich schon so, ehe die Menschen das Feuer entdeckten und sich einträchtig gegrillte Bärenkeulen teilten. Stimmt. Aber glücklicherweise sind die Geschmäcker überall unterschiedlich, und in weiterer Konsequenz die Menüfolge, die Kombination von Zutaten, von Speisen und die Wahl der Getränke. Womit in aller Kürze bewiesen wäre, dass es sich herrlich übers Essen „tischgariern“ lässt, wie es im Lavanttal heißt: reden über Gott, die Welt – und das, worauf man gerade Gusto hat.

Gespräche übers Essen erleichtern sogar die Rückkehr, wie die gebürtige Reichenfelserin Gudrun Steinkellner aus eigener Erfahrung weiß. 40 Jahre lang lebte die Lektorin und Übersetzerin in Wien. Dann kehrte sie ins Obere Lavanttal zurück, um für ihren betagten Vater da zu sein und für ihn zu kochen. Weil er sich den Geschmack von früher wünschte, ging sie auf kulinarische Entdeckungsreisen. Sie sammelte Kochbücher, handgeschriebene Rezepte und Geheimtipps von Müttern und Großmüttern aus der Umgebung und publizierte die Schätze in Büchern und auf ihrem Blog „Lovntolerin. Kochen wie früher im Lavanttal.“ So fand Gudrun Steinkellner in Kürze eine Community, sprich neue Bekannte mit gemeinsamen Interessen an guter Lavanttaler Küche.
Die Resonanz der Menschen im Tal für Steinkellners Recherche deckt sich mit der Wiederentdeckung regionaler Bodenschätze. Im milden Klima gedeihen seit jeher Paradeiser, die ihrem Namen gerecht werden, schlanke grüne Strankalan, wie die grünen Bohnen hier heißen, braune Minze, „Kefafüll“, wie der Kerbel hier genannt wird, und andere Kräuter, die in die Kärntner-Nudel-Fülle gehören, Ribisel und etliches mehr. Vieles davon im eigenen Garten.
Was nicht zu Hause wächst, holt man sich von den Bauern und Bäuerinnen der Umgebung. Lavanttaler Spargel, der längst über die Grenzen der Region hinaus als Delikatesse gilt, Speck, Würstl, Erdäpfel, Obst, Säfte und Doppeltgebrannten. Gute Gaben, die Exil-Lavanttalerinnen und Lavanttaler gerne kilo- und literweise ins Auto packen, um die Kindheitserinnerungen zu exportieren und im befreundeten Ausland wie Devotionalien des einzig wahren Geschmacks zu präsentieren, zu teilen – und zu genießen.
Bei Feinspitzen hat sich herumgesprochen, dass in den kalten Teichen und Nebenbächen der Lavant äußerst wohlschmeckende Forellen und Saiblinge schwimmen, dass hier Heil- und Wildkräuter in hochgelegenen Gärten wachsen, milder, sortenreiner Apfelsaft gepresst wird, und Most zu haben ist, der die Säure von einst gegen spritzige Aromen getauscht hat. Die lange vergessene Weintradition lebt wieder auf, Edelbrände aus dem Tal gewinnen Preise und Sympathien. Und dazu kommen Exoten wie schwarzer Knoblauch, Okra, Straußenfleisch und Mehlwürmer.
Wo die guten Gaben zu finden sind? In fast jedem Lebensmittelgeschäft des Tales gibt es eine Ecke mit Lavanttaler Feinkost. Zumindest eine kleine Auswahl. Wer gezielt nach Spezialitäten sucht, wird in den Hofläden fündig oder schaut im Haus der Region in Wolfsberg vorbei. Seit Kurzem ist Gutes in neuen Hofläden und sogar auf Facebook zu haben. Zum Beispiel „Bio-Gemüse aus dem Lavanttal“, „Lavanttaler Wein“ und „Lavanttaler Obst“.
Im oberen Tal treffen sich Feinschmecker in Bad St. Leonhard, in Wolfsberg am und ums Schloss, im Süden am St. Andräer See und beim St. Pauler Slow Food-Wirt. Auf den Brettljausen, die in vielen Almhütten und Buschenschänken aufgetischt werden, türmen sich Berge von Würstl, G’selchtem und Kas über cremigen Aufstrichen und meist selbst gemachtem Brot. Apfelspezialitäten finden sich zwischen St. Georgen und dem Granitztal, und wer Variationen vom Huhn mag, ist beim Gackern in St. Andrä richtig. Zum zehntägigen Fest des Huhnes, bei dem die Wirtsleute des Unteren Lavanttales gemeinsam ihre Gäste bewirten und unterhalten, kamen 2019 nicht weniger als 80.000 Menschen zum Schmaus auf die Festwiese.
Lavanttal Podcast #9 – Kochen wie früher. Zu Besuch bei Gudrun Steinkellner, der wohl beste Kennerin der originalen Lavanttaler Küche.