Made im Lavanttal gewinnt an Wert. Bei jenen, die beim Einkaufen genauer hinschauen, und bei jungen Produzentinnen und Produzenten, die Gutes aus der Region in den Feinkostabteilungen anbieten. Oder in den Hofläden, die seit März 2020 von Reichenfels bis Lavamünd aus dem Boden schießen. Sogar auf der Hinterwölch gibt es Feines vom Bauernhof. Jörglbauer to go. 24/7.
Johannes und Barbara Schwar hatten schon länger über einen Hofladen nachgedacht. Als dann Corona die Welt durcheinanderwirbelte, fanden die beiden Zeit für die Detailplanung und im Juni 2020 eröffneten sie ihren Selbstbedienungsladen am Ende der Welt. Im kleinen Hofladen bieten sie Fleischgerichte im Glas, Eier, Früchte von Streuobstwiesen, Marmeladen, Säfte und andere Spezialitäten des Hauses an. Man wählt aus, addiert, legt das Geld in die Kassa. „Reich werden wir nicht damit, aber das Experiment kommt gut an“, resümieren die beiden.
Der ehrliche Deal ist als Teil einer Philosophie zu verstehen, die die Schwars mit Gleichgesinnten verbindet. Menschen, die sie über #joerglbauer_biopower oder am Wolfsberger Kulinarik-Kultur-Markt (KuKuMa) kennengelernt und mit der Qualität ihrer Produkte überzeugt haben. Die sie an ihrer Arbeit und ihrem Leben teilhaben lassen und die regelmäßig den kurvigen Weg zum Bergbauernhof auf sich nehmen. In zweiter Linie, um sich am sensationellen 360 Grad-Blick zwischen Kor- und Saualm sattzusehen. In erster Linie, um ab Hof zu kaufen, weil sie schätzen, wie hier gearbeitet wird.
Seit das Paar den Jörglbauer von Barbaras Eltern übernommen hat, ist der Hof ein Bio-Betrieb mit extensiver Weidehaltung – und einer ungewöhnlichen Tierwelt. „Dexter-Rinder“, erklärt Johannes Schwar und zeigt auf die kleinen, schwarzen Rinder, die auf den ausgedehnten Almen grasen. „Mit einem Stockmaß von etwa einem Meter sind sie die kleinsten und leichtesten europäischen Rinder. Und damit ideal für unseren Boden, der relativ feucht ist.“ Die Tiere leben das ganze Jahr über im Freien. „Sogar im Winter sind sie lieber im Schnee, obwohl sie jederzeit in den Stall können.“ Selbst die Jungen kommen auf der Weide zur Welt. „Die Kuh wird nicht von der Herde getrennt und hat dadurch viel weniger Stress“, ergänzt Barbara Schwar.
Ein Vorzug der seltenen Rasse ist definitiv das Fleisch: feinfaserig, gut marmoriert und besonders geschmackvoll. Das hat sich im Lavanttal herumgesprochen. Die Stammkundschaft erfährt per WhatsApp, wenn geschlachtet wird, alle anderen auf Facebook, Instagram oder auf der Website. Gepostet wird auch, wenn es Sulmtaler Hühnerfleisch gibt, der Maiwipferlsirup fertig oder „Eselgold“ abgefüllt ist: gut gelagerter Eselmist, der sich als natürlicher Pflanzendünger eignet.

Esel, Hühner, Rinder und bretonische Zwergschafe, Hasen, Hund und Katzen finden auf der Hinterwölch viel Freiraum und Verständnis für ihre Bedürfnisse, wie es aussieht. Tatsächlich hat die Landwirtin ein besonderes Sensorium für Tiere. Aber auch für Menschen. Im Zweitberuf ist Barbara Schwar Ergotherapeutin mit dem Fokus auf „Tiergestützte Intervention“. Die Ergotherapie am Bauernhof setzt auf die faszinierende Kommunikation zwischen Tier und Mensch, auf Nähe, gezielte Übungen und vor allem auf die positiven Erfahrungen, die Menschen durch die Begegnung mit den Tieren erleben können.
Empfohlen und verschrieben wird die Therapie Kindern wie Erwachsenen, damit sie nach Unfällen oder Erkrankungen ihre Feinmotorik trainieren und ihre kognitive Leistungsfähigkeit stärken. „Im Kern geht es um größtmögliche Selbständigkeit im Alltag. Das kann auch soziales Training, Wahrnehmungstraining und -unterstützung sein“, erklärt Barbara Schwar. Ihre „Co-Therapeuten“ trainiert sie selbst: Wie Dr. Doolittle versteht sie das Fell- und Federvieh und kann genau abschätzen, welches Tier zu welcher Persönlichkeit passt. „Das stimme ich im Einzelfall ab. Alleine die Situation am Bauernhof wirkt entspannend auf die Menschen, die zu mir zur Therapie kommen. Statt in klinischer Umgebung sind sie mitten in der Natur.“

Die Natur, die Weite des Tales, die Aussicht, die Almen ringsum – auch Barbara Schwar und ihre Familie schätzen, was sie an dem Hof auf der Hinterwölch haben. „Das Leben am Bauernhof ist manchmal mühevoll, für uns ist es dennoch einer der schönsten Orte weltweit.“ Wie sie das merkt? „Wenn es dich nicht mehr wegzieht.“
Fotos: N. Popp, BIO AUSTRIA/Christoph Liebentritt