Einer der außergewöhnlichsten Ausstellungsorte – des Landes oder weltweit. Wie man will. Die Verwandlung, die das Künstlerpaar Anita Naz und Pepo Pichler der alten Mühle und dem benachbarten Schloss Schmelzhofen in St. Margarethen angedeihen ließ, beeindruckt.
„Als wir die Gebäude zum ersten Mal sahen, war alles in miserablem Zustand“, erinnert sich Pepo Pichler an Holzschwamm, Plumpsklo und Berge von Gerümpel unterm Dach. Die Faszination für die Architektur überwog jedoch die Skepsis gegenüber der aufwendigen Renovierung. „Und wir waren jung und naiv“, ergänzt die Hausherrin schmunzelnd. Das war 1992.
30 Jahre später strahlen die historischen Fassaden in freundlichem Gelb und die großen Räume der Mühle beherbergen Leinwände, Objekte und fein säuberlich geordnetes Material, das darauf wartet, von Pepo Pichler zu Artefakten verarbeitet zu werden. Die Situation im Atelier spiegelt die Vielfalt an Methoden und Techniken wider, die Pichlers Arbeit so unverwechselbar machen.
Immer wieder thematisiert er die Altlasten der Zivilisation. „Ich bin fasziniert von industriellem Abfall“, erzählt er während des Rundgangs durch sein Atelier und zeigt auf gewundene, weiß glänzende Plastiken, die von Weitem an Michelangelos marmornen Faltenwurf erinnern. Auf Nachfrage erfährt man, dass es sich um geschmolzene Kunststofffolien handelt, die gemeinhin zur Innenbeschichtung von Getränkekartons verwendet werden. Neben Installationen aus industriellen Werkstoffen und Abfällen listet Pichlers Werkschau Arbeiten aus den Bereichen Grafik, Malerei, Collage, Skulptur und Film auf.

Ein Universalkünstler, wie man so sagt. Zumindest einer, der gerne über die Grenzen von Sparten und Disziplinen hinausgeht. Zum einen läge dies an seiner Neugierde und dem unbändigen Interesse an Neuem, meint Pichler. Zum anderen habe er sein Grenzgängertum wohl zu einem Gutteil Max Weiler zu verdanken. Sein Lehrer an der Akademie der Bildenden Künste riet ihm, mit Farben, Leinwand, Pinsel und Papier ins damalige Museum für Völkerkunde – heute Weltmuseum – in Wien zu übersiedeln. Und so malte und zeichnete der Kunststudent ein Jahr lang im Museum und entdeckte die Faszination fremder Kulturen, Mythen und Riten. Inspiriert von den Objekten aus aller Welt, machte er sich kurz darauf auf den Weg, um sich vor Ort selbst ein Bild von Land und Leuten, Mythen und Materialien zu machen.
Seit damals pendelt er zwischen den Welten. Seine Werke ebenso. Sie befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen in den USA und Europa und sind weltweit in renommierten Häusern zu sehen.

Den Winter verbringen Pepo Pichler und Anita Naz, die als Keramikerin und später als Gastronomin in den USA erfolgreich war, meist in San Francisco. Im Frühling kehren die beiden ins Lavanttal zurück, wo Pepo Pichler in seiner Kunstmühle arbeitet.
Gewohnt wird gleich nebenan, in einem alten Wasserschloss, das 1399 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Auch dieses Gebäude rettete das Paar vor dem Ruin. „Wie bei der Mühle lag uns daran, die historische Bausubstanz möglichst sensibel und behutsam zu reparieren. Also haben wir uns mit Kalkputz und mineralischen Farben beschäftigt“, erinnern sich Anita Naz und Pepo Pichler in der gemütlichen Küche an das „Trial and Error“ der frühen Jahre. „Zum Glück hatten wir gute Freunde, die uns zur Seite standen, wie der unvergessliche Lavanttaler Künstler Karl Schüssler.“ So wurden Wände und Holzdecken frei- und die Mauern trockengelegt. Türen und Fenster, Putz und Deckenstuck, Holzböden und Treppen wurden behutsam renoviert, Sanitäranlagen, Strom und Heizung erneuert. „Und noch immer ist etwas zu tun“, erzählt das Paar vom Leben im Schloss.

Die dicken Mauern und alten Gewölbe machen aber nur einen Teil der Magie aus, der sich Gäste des Hauses kaum entziehen können. „Bei uns ist halt überall Kunst.“ Die kurze Anmerkung des Schlossherrn erklärt die einzigartige Atmosphäre von Schmelzhofen. Die Wände schmücken – im wahrsten Sinn des Wortes – Pichlers eigene Bilder und Installationen, viele Arbeiten von befreundeten Kunstschaffenden aus aller Welt, und dann sind da noch die Mitbringsel von zahlreichen Reisen, die die leidenschaftliche Freude des Paars am Entdecken und Sammeln dokumentieren. Japanische Drucke, von denen sich Pepo Pichler immer wieder inspirieren lässt, asiatische Miniaturen, mexikanische Votivbilder oder die bemerkenswerte Sammlung von Fächern von Anita Raz.

Die beiden haben auch ein Faible für außergewöhnliche Räume. 2021 errichteten sie eine private Kunsthalle im Garten ihres Schlosses. Kurz nach der Eröffnung erhielt Kunst-Mill-Annex, die mit Holzschindeln gedeckte Architektur des austro-amerikanischen Architekten Mark Mack, den Kärntner Holzbaupreis. Gegen Voranmeldung sind somit ausgewählte Werke von Pepo Pichler auch im Lavanttal zu sehen.
Sollte er gerade unterwegs sein, sei ein Besuch des Museums im Lavanthaus empfohlen. Dort ist Pichlers Installation aus alten landwirtschaftlichen und handwerklichen Gerätschaften aus der Region ausgestellt.
Fotos: N. Popp